OpenJUMP als Managementsystem in der informationsgeleiteten Landbewirtschaftung

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Ole Rahn, Arnd Kielhorn

PIROL - Heimatseite: www.pirol.fh-osnabrueck.de

Fachhochschule Osnabrück, Forschungsschwerpunkt PIROL, PF 1940, 49009 Osnabrück o.rahn@fh-osnabrueck.de, a.kielhorn@fh-osnabrueck.de, www.pirol.fh-osnabrueck.de



Inhalt:

- Einleitung 
- Methoden 
- Ergebnisse 
- Fazit und Ausblick 


Einleitung

In der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen spielt die Gewinnung und die Verarbeitung von Informationen zur Verbesserung der betrieblichen Einkommenssituation eine immer größere Rolle. Bedingt durch größer werdendes gesellschaftliches Interesse hinsichtlich einer ökologisch nachhaltigen Produktion (z.B. AGENDA21, Bundesnaturschutzgesetz) aber ebenso hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Produktionsprozesse entlang von Wertschöpfungsketten in der Nahrungsmittelerzeugung werden zusätzliche Anforderungen an Datenmanagement und Dokumentation an landwirtschaftliche Betriebe gestellt. Beides führt in der Folge zu einem verstärktem Bedarf an effizienten Managementwerkzeugen. Mit der Einführung einer teilflächenspezifischen Landbewirtschaftung Precision Farming) und den damit verbundenen verstärktem Anfall an georeferenzierten Daten steigt die Bedeutung an geografischen Informationsystemen kombiniert mit Managementwerkzeugen. In dem interdisziplinären Forschungsschwerpunkt PIROL an der Fachhochschule Osnabrück, der mit verschiedenen Teilprojekten und dem Einsatz des Precision Farming die Aggregation unterschiedlicher Zielsetzungen in der Landnutzung bearbeitet, wird die javabasierte geografische OpenSource-Software OpenJUMP durch Einbindung verschiedenster nutzerspezifischer Erweiterungen (PlugIns) weiterentwickelt. Für eine entwicklungsbegleitende Untersuchung von konkretem Nutzen und Bedienbarkeit wird dieses System u.a. im praktischen Einsatz auf mehreren landwirtschaftlichen Betrieben untersucht.


Methoden

Der Nutzerkreis, den die im Rahmen des Forschungsschwerpunktes PIROL entwickelte Software adressiert, erweist sich bei näherer Betrachtung als überaus heterogen: Neben den Landwirten bzw. dem Pflanzenbau, deren Urteil als Endanwender von besonderer Bedeutung ist, gilt es auch die Bedürfnisse der Bodenwissenschaften, denen OpenJUMP als Werkzeug zur Auswertung und Ver­arbeitung von Sensordaten dient, aber auch die der Landschaftsentwicklung, einem klassischen GIS Arbeitsfeld, zu befriedigen. Durch die unterschiedlichen Nutzergruppen und den unterschiedlichen Voraussetzungen innerhalb der einzelnen Gruppen ergibt sich ein sehr breites Anforderungsspektrum an die Software. Während für die Gruppe der Landwirte, welche die Nutzung des PC oft mehr als ein (notwendiges) Übel denn als eine anregende Möglichkeit zur Optimierung von Prozessen empfinden, eine übersichtliche Oberfläche und einfache Bedienbarkeit ausschlaggebend sind, so ist dies für andere Nutzergruppen ein Nebenaspekt. Bodenwissenschaftler setzen meist vielmehr auf einen möglichst großen Umfang an statistischen Auswertungswerkzeugen. Für Landschaftsentwickler sind dagegen die Leistungsfä­higkeit der Software und ein großes Spektrum an Simulationsmöglichkeiten entscheidend. Bei der Implementation von Erweiterungen für OpenJUMP im Kontext von PIROL wird daher versucht, möglichst generische Werkzeuge zu erschaffen. Durch die interessenspezifische Kombi­nation generischer Funktionen ergeben sich dabei Bearbeitungs- und Auswertungsmöglichkeiten, die einen hohen Spezialisierungsgrad erreichen können. Als überaus praktisch erweist sich dabei das in OpenJUMP zur Verfügung stehende PlugIn-System. Es erlaubt, auf sehr einfache Art, die Zusammenstellung des individuell benötigten Funktionsumfanges und ermöglicht es somit, jedem Nutzer die für ihn relevanten Funktionen bereitzustellen, ohne die Software zu überfrachten. Auf diese Weise wird es möglich, Benutzer mit wenig Erfahrung in der Verarbeitung von räumlichen Daten, wie es bei Landwirten nicht selten der Fall ist, schrittweise an die Software und weiterreichende Analysemöglichkeiten heranzuführen. Die Philosophie der universell einsetzbaren Werkzeuge erreicht jedoch ihre Grenzen, sobald Funktionen zu starken inhaltlichen Bezug zu bestimmten Problemstellungen aufweisen. Dies ist u.a. der Fall bei solchen Funktionen, die Landwirten assistieren sollen, gesetzliche Vorschriften einzu­halten. Ein Beispiel hierfür sind Abstandsregeln im Rahmen der sog. Cross Compliance auf Ebene der EU, die u.a. Mindestabstände zu anliegenden landschaftlichen Strukturelementen bei der Verwendung bestimmter Betriebsstoffe definieren. Diese Abstandsregeln sollen, in Form eines Assistenz-Systems, die Planung von Bewirtschaftungsmaßnahmen für den Landwirt vereinfachen, indem diesem visuell Bereiche, in denen keine Bewirtschaftung mit dem gewählten Betriebsstoff erlaubt ist, kenntlich gemacht werden. Hier besteht ein starker inhaltlicher Bezug des Werkzeugs zu einer bestimmten Anwendung, so dass diese Funktion nicht generisch verfasst werden kann. Auch in Fällen wie diesem ist das PlugIn-System von großem Nutzen. Es ermöglicht, ein Werkzeug wie dieses, welches vorrangig für eine der Nutzergruppen von Interesse sein dürfte, nur Nutzern dieser Gruppe zukommen zu lassen. Im Forschungsschwerpunkt PIROL unterliegt die entwickelte Software dabei, durch den permanenten Einsatz der bisher entwickelten Funktionen in der Praxis, einer ständigen Qualitäts­kontrolle. Dabei wird sie Nutzern der genannten Zielgruppen, aber auch Nutzern aus anderen Bereichen zur Verfügung gestellt, um eine möglichst breite Nutzerbasis zu erhalten. Rück­meldungen werden u.a. durch ein Browser-gestütztes Bug-Tracking-System („Bugzilla“) erfasst und können somit asynchron verarbeitet werden. Somit wird vermieden, dass einzelne Aspekte versehentlich unberücksichtigt bleiben. Diese Vorgehensweise garantiert das zügige Auffinden etwaiger Fehler in der Software, sowie eine benutzerfreundliche Gestaltung des Programms.


Ergebnisse

Bis heute konnte bereits eine Vielzahl von Funktionen, Planungs- und Analysewerkzeugen für OpenJUMP implementiert werden. Neben einzelnen zusätzlichen Features für klassische GIS-Anwendungen konnten vor allem die speziellen Funktionen für landwirtschaftliche Anwendungen weitestgehend umgesetzt werden (s. Tab. 1).

Tabelle 1: In PIROL entwickelte OpenJUMP-Funktionen

Werkzeug-Kategorie Funktion
Koordinaten-Werkzeuge
  • Projektion ändern
  • Koordinaten filtern
Darstellungs-Werkzeuge
  • erweitere thematische Farbgebung
  • Interpolationen
    • inverse Distanzen
    • Krige-Verfahren
  • Isolinien
  • Geländemodell 3D
  • Spurverfolgung
Attribut-Werkzeuge
  • Attributwert nach Formel erzeugen
  • Attributwerte setzen (zellbezogen, relativ, nach Polygonzügen)
Auswahl-Werkzeuge
  • Rahmen aus Objekt erzeugen
  • Objekteauswahl nach Attributwerten
  • Objektauswahl nach Objektgeometrie
Gitter-Werkzeuge
  • automatische Erstellung von Grenzlinien
  • Flächen- und Umfangberechnungen
  • div. Gittererstellungsfunktionen
  • Attributwerte übertragen (Punkt-, Polygondaten)
  • Gitterzellen zu Punktdaten umwandeln
PIROL-Datenbank-Werkzeuge
  • Speichern/Laden unterschiedlicher Datensatz-Typen
  • teilflächenspezifischer Kostendeckungsbeitrag
Kontext-Informationen-Werkzeuge
  • Kontext-Informationen anzeigen
Statistik-Werkzeuge
  • statistische Übersicht
  • Kendall's Tau Korrelation
  • Pearson Korrelationen
  • Mengenverteilung (Histogramm)
Rasterbild-Werkzeug
  • Einfügen von Rasterbilder (z.B. Luftbilder)
  • Generierung von georeferenzierten Teilbildern
  • Ändern von Rasterbild-Optionen
  • grundlegende Funktionen für eigene Georeferenzierung
Dateiformate
  • Lesend:
    • JD-Map
    • Agro-Map
    • ADIS (Input)
    • NMEA Rohdaten (RMC, GGA)
  • Lesend und Schreibend:
    • Surfer Grid
    • Surfer Blanking
    • ADIS (Output)
    • PIROL CSV (Excel-kompatibel)


Fazit und Ausblick

Insgesamt erwiesen sich die Schnittstellen des PlugIn-Systems weitgehend als ausreichend, um alle erdenklichen Funktionen, wie z.B. dreidimensionale Landschaftmodelle, Interpolationen, wie z.B. das Krige-Verfahren, Planungswerkzeuge für Bewirtschaftungsmaßnahmen, die Anbindung verschiedenster Dateiformate, aber auch die Anbindung einer speziellen Datenbank zu imple­mentieren. An Punkten an denen die verfügbaren Schnittstellen nicht ausreichten, um die ge­wünschte Funktionaliäten in OpenJUMP umzusetzen, konnten diese, durch einen entsprechenden Abstimmungsprozess innerhalb der Open-Source-Community, im öffentlichen Basis Quellcode entsprechend erweitert werden, so dass es bislang zu keinen längerfristigen Problemen mit dem PlugIn-System kam. Auch die Leistungsfähigkeit von OpenJUMP als Basis-Komponente war bislang durchweg aus­reichend für die Anwendung in PIROL. Anzumerken ist dabei, dass diese wesentlich von der Aus­stattung des jeweiligen Rechners mit Arbeitsspeicher abhängt. Für zeitgemäße Rechner mit einem Arbeitsspeicher von etwa 512 MB ergibt sich dabei kein Problem, hier sind etwa 400.000 Objekte darstellbar. Mit abnehmender Größe der Arbeitsspeicher-Ausstattung eines PC reduzieren sich allerdings die Möglichkeiten, Luftbilder und große Mengen an Objekten auf diesem darzustellen. Abschließend ist hervorzuheben, dass sich Java während der Implementation von Werkzeugen als besonderer Vorteil erwies: Bei der Entwicklung von Software in dieser Programmiersprache, die – im Gegensatz z.B. zu C# – bereits einen großen Umfang an Bibliotheken mit sich bringt, kann auf eine bemerkenswerte Infrastruktur in Form von Entwicklungs- und Dokumentationswerkzeugen zurückgegriffen werden. Im übrigen existiert ein breites Spektrum an zusätzlichen, freien Biblio­theken für besondere Aufgaben, wie das Zeichnen von Graphen oder den Umgang mit SVG-Dateien. Dies reduziert in erheblichem Maße den Aufwand für die Umsetzung von Standardfunktionen. In der Praxis haben sich die zahlreichen Funktionen aus Anwendersicht bewährt. Allerdings ist davon auszugehen, daß die komplexer werdenden Bedingungen einer informationsgeleiteten Landbewirtschaftung zukünftig die Entwicklung und Einbindung weiterer Funktionen erfordern wird.