Fachforum Digitalisierung und Aktivitätenlenkung in Natur und Landschaft

28.11.2023 von Katja Haferkorn

Vom 27. und 28.11.2023 hat das Fachforum Digitalisierung und Aktivitätenlenkung in Natur und Landschaft im Umweltbildungszentrum Berlin in Kladow mit circa 200 Teilnehmenden als hybride Veranstaltung stattgefunden.
Die Zunahme der Digitalen Angebote über verschiedene Plattformanbieter beeinflussen zunehmend die Nutzung der Natur, es zeigen sich Nutzungskonflikte.
Welchen Bezug hat das zu OSM?

Zuerst Impulsvorträge

Die Veranstaltung startete mit Impulsvorträgen, die auch gestreamt wurden, um Onlineteilnehmende zu beteiligen.

Brigitte Schuster vom Bundesamt für Naturschutz stellte in der Begrüßung in Aussicht, dass die Ergebnisse des Fachforums in Empfehlungen und Artikelveröffentlichungen weiter verarbeitet werden.

Anschließend sprach Albert Rinn, BTE Tourismus und Regionalentwicklung zu den Fragestellungen und dem Status Quo der digitalen Lenkung.

Prof. Dr. Manuel Steinbauer, Universität Bayreuth, Sportökologie, beschäftigt sich mit der Frage - Wie geht digitale Lenkung in Sport und Tourismus?
Statistiken zeigen, dass Google Maps während Wanderungen am meisten genutzt wird, dann folgen Angebote von OutdoorActive und Komoot. Statistiken zu Radfahrenden zeigen, dass diese zunehmend auf Portalangebote zurückgreifen. (Folie Statistik folgt, wenn sie zur Verfügung gestellt wurde). Als problematisch gilt der sogenannte Usergenerated Content (UGC), der trendgesteuert dem Narrativ der Individualisierung folgend Einfluss auf das Verhalten der anderen Nutzenden hat, die ein gewissens Vertrauen in die Plattformen entwickelt haben. Die Kopplung von Trends durch UGC mit Unwissenheit zu Regeln, die in naturgeschützten Landschaften gelten, haben probelmatische Auswirkungen.
Fazit: Digitale Informationen sind noch nicht dort, wo Nutzung gewünscht ist, teilweise gibt es Widersprüche zwischen analogen und digitalen Informationen. Es stehen nicht genügend Daten zur Verfügung. Aufgabe ist es sowohl die statistische Ebene (Monitoring) im Blick zu behalten und zu reflektieren als auch Kartendaten vollständig und aktuell zu halten. Die Idee ist die Reichweiten der Plattformen zu nutzen und mit Angeboten zu entern, Stichwort “snackable Content”, heißt in 40 s erfassbarer Content.
Geographischen Daten werden OpenStreetMap gepflegt und aktuell gehalten, da OSM als Kartengrundlage von den meisten Plattformanbietenden genutzt wird und eine sehr gute Datenqualität aufweißt.
An den Kontaktstellen der Plattformanbieter, die bei vielen Usern ein gewisses Vertrauen genießen sowie Usergenerated Content interessant ist und Aktivitäten anderer Unser beeinflussen kann, sollten die Regeln für Aktivitäten in geschützten Gebieten nahe gebracht werden. Wichtig sei Monitoring der Aktivitäten der Nutzenden sowie Angebote, die den Regeln in geschützten Gebieten entsprechen.

Eine andere Betrachtungsperspektive brachte Dr. Nicola Moczek in Ihrem Beitrag Psychologische Strategien zur Kommunikation und Überzeugung im Naturschutz ein, indem sie 7 Thesen aufstellt. Die Thesen sind in den Vortragsfolien gut zusammengefast (und werden noch zur Verfügung gestellt). Es geht um normative Entscheidungsprozesse, Hinweisreize durch UGC, Fehlverhalten vermeiden, der Zunahme an digitaler Lenkung dahingehend gerecht werden, die analoge Lenkung wirksamer zu gestalten und Widersprüchen zu begegnen. Erwünschtes Verhalten kann erreicht werden, wenn die Fachinformation zielgruppengerecht aufbereitet das Problembewußtsein der User anspricht. Die konsistente Kommunikation ist ebenso wichtig, wie die Betrachtung der Fragestellung in Studien.

Die Impulsvorträge trugen wichtiges Basiswissen zusammen und sind als Ausgangspunkt für die Diskussionen in den Workshops am Nachmittag und am nächsten Vormittag gedacht, in denen die 50 Teilnehmenden vor Ort gemeinsam diskutierten.

Workshops

Die Ergebnisse der Workshops wurden in der Abschlussveranstaltung mit allen Teilnehmenden geteilt.

Workshop 1: Aktivitätslenkung in Schutzgebieten - digitale Kommunikation als Prozess

  • Jasmin Daus - Nationalpark Eifel
  • digitales Management als Daueraufgabe, Pflege Basisdaten sowie Informationen an die “richtige” Stelle bringen. Präsenz macht Sinn und verkleinert UGC.

Workshop 2: Eigenverantwortung: Rolle und digitale Kommunikation der Sport- und Tourismusverbände/-organisationen

  • Nicolas Gareis - DAV Ressort Naturschutz und Kartografie
  • Tourismus und Sportverbände, Behörden und Schutzgebiete haben hohe Verantwortung sich dem Thema zu widmen und zur Sensibilisierung für die Nutzung von Open Data beizutragen und sich am Austausch zu beteiligen

Workshop 3: Digitalisierung - Prognosedaten zur Lenkung und Planung von Aktivitäten in sensibelen Naturräumen

  • Susanne Groos - Lahntal Tourismusverband
  • es ging um KI-Standards in der digitalen Aktivitätenlenkung

Workshop 4: Sportlich aktiv in der Natur – Grenzen und Erfordernisse digitaler Aktivitäts“lenkung“ aus Sicht des organisierten Sports

  • Karsten Dufft - DOSB
  • es wurde “Lenken” versus Entscheidungsfreiheit sowie die befähigung zu naturverträglichem Verhalten diskutiert

Workshop 5: Angebotslenkung am Beispiel Mountainbiken im Wald: Ansätze zur Lenkung in Nutzungskonflikten mit dem Naturschutz

  • Lara Koppelmann - Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg
  • Naturschutz freihalten von anderen Interessen durch klare Kommunikation und Wirkungsforschung

Workshop 6: Digital Ranger: Wie bekommen wir Naturschutzinformationen zur naturverträglichen Lenkung in digitale Kanäle

  • Julia Zink und Arne Schwietering - Naturparkverwaltung Bayerischer Wald und Sportökologie BayCEER Uni Bayreuth
  • OSM Grundlage vieler Plattformen, UGC beachten und bearbeiten, heißt bespielen von outdooractive, kommot, Google und weitere Plattformen, macht Aufwand, weil unterschiedliche Datenstrukturen genutzt werden
  • Zur Frage, wie man Einfluss auf OSM nehmen kann: OSM-Wiki lesen, Erfahrungen sammeln, Kontakt vor Ort suchen oder FOSSGIS e.V. fragen per Email an naturschutz@fossgis.de.

Workshop 7: Gezielter Einsatz digitaler Medien in Schutzgebieten entlang der Customer Journey am Beispiel NAT:KIT

  • Nico Graaff - Mountainbike Tourismus Forum
  • NAT:KIT - umfasendes Wissensportal, folgt einem Standard zum Eintragen von Regeln in kartographische Produkte

Workshop 8: User Experience Design: Wie erreichen digitale Naturschutzinformation den Menschen?

  • Lisa Naschert - FH Westküste
  • eingeübte Darstellungsweisen nutzen, OSM Grundlage vieler Plattformen, Daten, auch analoge Informationen maschinenlesbar zur Verfügung stellen

Workshop 9: Digitale Kommunikation und Umweltbildung als Baustein des Schutzgebietsmanagements und der Besucherlenkung

  • Dr. Neele Larondelle - Leiterin Schutzgebietsmanagement & Naturschutz, stellvertretende Geschäftsführerin
  • Grundhaltung: Wir wollen Besucher:innen in der Natur haben
  • Es braucht Digital Ranger mit Medienkompetenz

Workshop 10: Social Media - Folgen und Chancen für den Naturschutz: Digital Leave No Trace

  • Saskia Arndt - TU Berlin
  • Reichweite durch Zusammenarbeit und gemeinsame Kampagnen

Workshop 11: Standardisierung der digitalen Information zum Schutz von Natur und Landschaft

  • Sebastian Sarx und Thorsten Unseld - Projektmitarbeitende Digitize the Planet e.V.
  • Standards, Genauigkeit und Interoperabilität der Daten, um Schutzgebietsverwaltungen im digitalen Prozess unterstützen

Zusammenfassung

Man ist sich einig, dass OpenStreetMap ist der Standard für Basisdaten ist, weil die meisten Plattformen OpenStreetMap nutzen.
Für die Contentpflege fühlen sich Digital Ranger verantwortlich. Hilfreich dafür sind offene Daten, die zur Nutzung in OSM freigegeben sind sowie Menschen, die Naturschutzdaten in OSM pflegen können.

Wie Betretungsverbote aus Naturschutzgründen getaggt werden, ist soweit klar
Wo die Eintragung von temporären Wegesperrungen oder Betretungsverboten aus Naturschutzgründen erfolgen kann, bleibt offen.

Es zeigt sich, dass Naturschutzverantwortliche entscheiden müssen, wie viel Zeit und Arbeit sie in das Management des digitalen Content investieren, genauso wie Aufwand mit Portalen und teilweise kostenpflichtigen Teilnahmemöglichkeiten mit Nichts dazu tun abzuwägen ist.
User haben in der Nutzung der Plattformen wenige Barrieren, es ist ein Grundvertrauen in die Plattformen vorhanden, Algorithmen verstärken UGC und können damit offizielle Informationen verdrängen.
Es braucht Kooperation und Abstimmung zwischen den Verantwortlichen sowie weiteren Netzwerkaufbau genauso, wie es Standards braucht, die Naturschutzregulierungen digital abbilden. Es wurde vereinbart weiterhin in Kontakt zu bleiben und sich regelmäßig zu treffen und abzustimmen.

Die Ergebnisse werden in der BfN Schriftenreihe veröffentlicht.